Belastungen und Traumata frühzeitig konstruktiv wenden

S. Gahleitner: Belastungen und Traumata frühzeitig konstruktiv wenden (Audio only) – Dauer: 1:02:13

Ungleichheit macht krank:
Um so größer der Unterschied zwischen arm und reich um so schlechter ist der Krankheitszustand.
Sich selbst als schlechter ausgestattet zu sehen, macht krank.

Frühes Trauma macht krank d.h. Krankheiten treten mit einer höheren Wahrscheinlichkeit ein.

Von mehr Entwicklungsfreiheiten profitieren die mit wenigen Resourcen nicht.
Für die bedarf es professionelle psychosoziale Zufluchtsorte.

Trauma ist wenn wirklich etwas auftrifft, da so weit weg ist von dem was ich mir vorstellen kann, so lebensbedrohlich, so ohnmächtig macht, dass ich überhaupt keine Strategie in dem Moment zur Verfügung habe mit der ich dem Ereignis begegnen kann. Ein vitales Diskrepanzerlebnis.
Nur dann kommt es zu einer neurophysiologisch starken Veränderung.

Abhängig vom Entwicklungsstand:
Die Abwesenheit der Bezugsperson über ein paar Stunden kann für einen Säugling lebensbedrohend wirken, während es für einen pubertären Jugendlichen eine Erlösung sein kann.

Trauma ist evolutiv und neurobiologisch im Körper verankert.

Mandelkern-Region: fight-flight-freeze
Präfrontaler Cortex: Entwicklung hängt von emotional korrektiven Faktoren ab: Bindung, Sicherheit, Beziehung, erst wenn die Sicherheit hergestellt ist, dann kann das Kind explorieren/erforschen.
Mentalisierungsprozesse: das Kind lernt, etwas zu benennen, kontrollieren, regulieren und verändern. Das Kind entwickelt erste kognitive Schemata und mentalisiert seine Umgebung.
Je mehr ich dort lerne um so besser kann ich selbst besser in den Griff kriegen.
Je weniger ich dort lerne um so mehr beängstigt eine Situation.

Beim Trauma entstehen immer mehr Vermeidungsmechanismen, Erstarrungen, Dissoziationen.
Neue Reize verfangen sich auch schneller darin als bei anderen Kindern.
Das kann die ohnehin schon überforderte Bezugsperson weiter überfordern und es schaukelt sich hoch.

Um so älter die Kinder sind um so schwerer ist etwas zu verändern.

Traumafolgereaktionen sind ganz normale Reaktionen auf abnormale Situationen. Dies hilft dem Verständnis der Reaktionen. … Dies kann gleichermaßen kreativ wie destruktiv sein. Aber ursprünglich ist es ein Schutz. Wilma Weiß die Begründerin der Traumapädagogik, spricht vom “Konzept des guten Grundes”.

Trauma kann ein riesiges Spektrum an Folgeerscheinungen hervorrufen.

Sequenzielle Traumatisierung: es zählt nicht nur das Ausgangstrauma, sondern auch was weiter im Leben passiert.

Was eingreift ist das Ausmaß an Unterstützung und das mindert die Traumaqualität.

Von der sozialen Einbettung hängt die Höhe der Traumatisierung ab, beim gleichen Ereignis.

Resilienz: resilient werden <-> Bedeutung der Umwelt
Resilienzforschung: warum bleiben Kinder unter widrigen Umständen trotzdem gesund?

Kinder die gar keine Erschütterung erleben, werden nicht gesünder.
Bestimmte Erschütterungen, starke Herausforderungen, Grenzsetzungen etc. sind erforderlich.
Welches Ausmaß ist gesund?

Resilienzfaktoren (Auswahl): Selbst- und Fremdwahrnehmung, Selbststeuerung, Selbstwirksamkeit, Umgang mit Stress, Problemlösung.
Man muss nicht genau wissen was da war, sondern es genügt diese Faktoren zu fördern.

Risikofaktoren: wichtigster Faktor: unsicheres Bindungsverhalten!

Intelligenz: grundsätzlich eine Entwicklungschance, kann aber auch negativ genutzt werden.

Frühe Hilfen: zum einen Einfluß auf Bezugspersonen, aber auch zugleich als Bezugsperson selbst tätig.
Es genügt eine einzige schützende Inselerfahrung/Person um sich wesentlich besser zu entwickeln.

Phylogenese: wir sind Säugetiere und haben als solche einen Entwicklungssprung gemacht.
Andere Tiere können nur durch genetische Mutation und Selektion sich an wechselnde Umgebungen anpassen.
Säugetiere haben eine Entdeckung gemacht: der erwachsene Löwe konnte dem jungen Löwen sofort zeigen wie man besser jagt [Lehrender – Lernender]. Die Nachkommen sich sofort besser anpassen als die vordere Generation. Die Beschleunigung hat aber ihren Preis: nämlich dass es dieses Verhältnis auch wirklich gibt. Es geht nicht ohne diesen Kontakt. Damit lässt sich verstehen warum Kinder eher die eigene Zerstörung wählen, als den Verlust einer Bindungsperson. Eine Bindungsperson ist evolution eingeprägt total notwendig. Ohne geht es nicht!
Deswegen ist es wichtig Bezugspersonen zu unterstützen, dass sie das hinkriegen.

Es muss uns gelingen schützende Inselerfahrungen zu produzieren. Wir müssen das Umfeld mit einbeziehen, sichere Orte, sichere Netzwerke, sichere Einbettung produzieren und das ist kompliziert.
Wichtiger Unterschied zur Psychotherapie, die viel zu sehr von der Duade Patient-Therapeut ausgeht.
Nur wer lebt das wirklich? Und die Ressourcen dafür werden nicht bereit gestellt.

Es gibt nicht “ein Baby”, es gibt immer nur “ein Baby im Kontext” und dann müssen wir auch den Kontext behandeln.

Möglichst allen Kindern eine Begleitung angedeihen lassen und dann sehen welche brauchen Unterstützung. Und nicht immer gleich stigmatisierend und kontrollierend.

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