Wie kann man frühkindliche Traumatisierung am besten verhindern?

Wer diesen Blog studiert hat, dem ist klar: eine frühkindliche Traumatisierung ist etwas was man niemandem wünschen kann. Zu wünschen wäre dagegen, dass man diese so gut es geht verhindert. Scheinbare einfache Antwort: wir müssen es nur so wie die Japaner machen, bei der Erziehung unserer Kinder. Also: Mutter als Vollzeitjob mit entsprechender sozialer Akzeptanz, eine Kultur der körperlichen und psychischen Nähe, statt einer Kultur des Weglegens.
Leider ist dies in unserer westlich geprägten Kultur praktisch nicht verankert bzw. verloren gegangen und lässt sich somit nicht so einfach wiederherstellen. Es haben sich ganz andere Traditionen herausgebildet, die mitunter zu Traumkarrieren innerhalb von Familien entwickeln.
Dazu werden die Risiken durch die moderne, mobile, sozial immer fragmentiertere Gesellschaft für Kleinkinder immer größer. Durch eine Vielzahl an Ereignissen und Umständen kann eine Traumatisierung eintreten, die in ihrer Banalität von Erwachsenen gar nicht beachtet werden und gar nicht mal offen aggressiv gegen das Kind gerichtet sind wie bei Kindesmissbrauch, Bestrafung, Vernachlässigung oder Schimpfen: eine leichte Depression der Mutter, Mutterroutine bei Nachgeborenen, unbewußte Diskriminierung von Geschwistern, Umzug, Krankenhaus- oder Kinderheimaufenthalt des Kindes, Probleme in der Beziehung der Eltern,
ja, oft sogar mit den allerbesten Absichten: Mutter arbeitet wieder Vollzeit um die Familie zu ernähren, Kinder sollen alleine schlafen, weil Eltern noch spät arbeiten müssen und die Kinder nicht stören wollen. Eine frühkindliche Traumatisierung ist da schneller geschehen, als sich die meisten vorstellen können. Der Knackpunkt mangels sozial kontrollierter Traditionen: es fehlt am Wissen um diese Gefahren.
Immer wenn es an Wissen fehlt, ist Aufklärung das Gebot der Stunde. Aber wie soll man Eltern aufklären? Vor allem müsste man Eltern dann aufklären wenn sie noch gar keine sind, denn schon die Planung eines Kindes zu einem ungünstigen Zeitpunkt oder gar die ungewollte Schwangerschaft können schon schlechte Vorzeichen sein, wenn es in der Folge finanziell oder in der Beziehung der Eltern kriselt und die Eltern deswegen Stress haben, der sich auf das Kind überträgt. Aber wie soll man alle potentiellen Eltern erreichen?
Es gibt nur einen Zeitpunkt im Leben eines Menschen in unserer Gesellschaft wo man sie noch alle erwischt und das ist in der Schule. Danach zerstreuen sich alle in alle sieben Winde und man bekommt sie nie wieder zusammen. Die Konsequenz wäre ein Schulfach “Aufklärung” was in die Lehrpläne gehört. Nicht nur sollte darin Hirnforschung und die Konsequenzen für die Verantwortung als künftige Eltern Thema sein. Aufklärung tut immer Not. Sexuelle Aufklärung gibt es schon, fristete aber zu meiner Schulzeit ein Schattendasein und wurde in zwei Schulstunden abgehandelt. Es gibt viele andere Bereiche die in ein Schulfach “Aufklärung” passen wie der Umgang mit modernen Medien, der Umgang mit Zahlen und Statistiken, Evolution, Kybernetik, Jura oder klassich: Philosophie. Der Phantasie sind eigentlich keine Grenzen gesetzt und man sollte die Kinder dazu animieren auch selbst den Unterrichtsstoff zu gestalten.
Wenn es ein solches Schulfach gäbe, dann würden alle Heranwachsenden und künftigen Eltern zumindest einmal im Leben von den frühkindlichen Gefahren für ihre Kinder gehört haben und dann besteht auch nur der Hauch eine Chance, dass sich diese Erkenntnisse in der Breite durchsetzen und praktische Anwendung erfahren. Man kann sich alle möglichen anderen Aufklärungskampagnen vorstellen: in Medien, in der Erwachsenenbildung, im Internet. Das wird alles nicht die Breitenwirkung entfalten, wie ein Schulfach “Aufklärung”.
Sicher einige werden es wieder vergessen, nicht wenige werden den sozialen Druck durch die Arbeitswelt spüren ihr Kind doch in eine Kita abzuschieben, aber es kann zumindest keiner sagen er habe davon nichts gewußt, wenn er es in der Schule gehört hat. Sicherlich wird dann auch die Schuldfrage neu gestellt werden. Die bisherigen Eltern können noch Unwissenheit für sich in Anspruch nehmen. Das werden in dieser Hinsicht aufgeklärte Generationen nicht mehr können, wodurch sich natürlich eine ganz andere Verantwortung ergibt. Sie werden sich überlegen was sie ihrem Kind zumuten und was nicht. Denn wenn es als frühkindlich traumatisierter Heranwachsener dann selbst in der Schule aufgeklärt wird und herausfindet, dass seine Eltern es eigentlich hätten besser wissen müssen … da möchte in nicht in der Haut der Eltern stecken. Wie lautet doch ein alter Sponti-Spruch:

Seid gut zu euren Kindern. Sie suchen später das Altersheim für euch aus

Von der volkswirtschaflichen Effizienz einer solchen Maßnahme ganz zu schweigen. Schon jetzt ist jeder Cent der je früher er für den Schutz der Mutter-Kind-Beziehung (Oyaku) ausgegeben wird, wesentlich besser angelegt, als später die Schäden reparieren zu wollen, was richtig teuer wird. Wenn man bedenkt, dass 10% der ältesten Menschen der Welt bis wenige Monate vor ihrem Tod an keinerlei Zivilisationskrankheiten wie Schlaganfall, Krebs, Herzkreislauferkrankungen, Demenz, Diabetes leiden und letztlich an Organversagen sterben, dann kann man ahnen welchen volkswirtschaftlicher Gewinn diese, auch insgesamt gesehen, preisgünstige Investion in ein Schulfach “Aufklärung” bringt. Selbst wenn man nur eine einzige Stunde in einem einzigen Schuljahr aber in allen Schulen mit Schulpflicht zu diesem Thema abhalten würde, es wäre unendlich effektiv.
Sinnvollerweise sollte man ein solches Schulfach nicht in der Grundschule einführen, sondern dann wenn die Schüler ein Alter haben in dem sie solche Zusammenhänge kognitiv besser erfassen können. 9. oder 10. Klasse bevor schon ein Teil wieder abgeht, würde sich anbieten, zeitgleich mit der sexuellen Aufklärung. Je mehr und je früher um so besser, aber immer mit altersgemäßen Inhalten.

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