Völlig losgelöst – zum Tod von Götz Wittneben

Niemand ist unnütz.
Er kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen.

Es heißt ja, dass man von frisch Verstorbenen nichts als Gutes sagen soll, aber mancher hat sich zu Lebzeiten so weit aus dem Fenster gelehnt, dass da doch einige Worte der Kritik angebracht sind; zumal wenn sein Tod der Existenzbeweis ist, dass bei dem was er zu Lebzeiten von sich gegeben hat, was er auf toten Baum gedruckt und verkauft hat, etwas nicht stimmen kann.
Es geht um Götz Wittneben der am 21.4.2023 im Alter von ca. 64 Jahren verstarb. Ich hatte bis dato von ihm noch nie gehört und lass von ihm jetzt das erste Mal bei apolut. Bei einem Alter von 64 Jahren kann man immer noch von vorzeitig verstorben reden. Normal wäre ein Alter um die 80 Jahre, was in etwa der durchschnittlichen Lebenserwartung in Deutschland entspricht (Frauen ein paar Jahre darüber, Männer etwas darunter). Das macht mich dann immer etwas neugierig um wen es sich dabei handelt. Eine kurze Internetrecherche klärt über seine Biographie auf:
Theologiestudium, Seelsorge, Naturwissenschaften und Spiritualität, nachmaterialistischen Naturwissenschaft, Gedankenlandkarte „Ich-MindMap“,
Buch „Wenn wir wüssten… Einladung zum liebevollen Umgang mit sich selbst“ (2011), freier Lebensberater, Seminarleiter, Autor und Liedermacher, Internetformat NeueHorizonte.TV, Hauptinteresse gilt Menschen, dem menschlichen Bewusstsein und allem, was dieses erweitert,
Telepathie-Experimente, Seminare zur Potenzialentfaltung und Wiedererlangung der Liebesfähigkeit.
Ja, das macht doch bei aller vielleicht guten Absicht alles einen sehr esoterischen Eindruck. Naturwissenschaft wird nur aus der spirituellen bzw. “nachmaterialistischen” Sicht betrachtet. Aber wenn das alles was er gemacht hat, so wirksam gewesen wäre, warum ist er dann mit nur 64 Jahren gestorben? Ich vermute er hat den gleichen Fehler gemacht wie ihn fast alle Psychologen, Psychotherapeuten, Lebensberater und Coaches machen: sie haben keine evolutiv-biologische Erdung. Das beginnt schon bei der nicht-naturwissenschaftlichen Ausbildung und setzt sich dann weiter fort. Aber man kann die Naturgesetze zwar leugnen oder ignorieren, nicht aber die Konsequenzen daraus. Wer meint allein mit dem Bewußtsein und dessen spiritueller “Erweiterung” Lebensprobleme lösen zu können, der ignoriert, dass 2/3 unseres Gehirns unbewußt sind und weder Sprache noch rationale Gedanken kennen und von dem was das Bewußtsein denkt de facto nichts mitbekommt; im Gegenteil: unsere Emotionen beeinflussen unser Bewußtsein weit mehr als umgekehrt. Traumata lassen sich nicht durch eine Bewußtseinserweiterung löschen. So funktioniert unser Gehirn eben nicht. Und auch nicht das von Götz Wittneben, der seine Methode ja wohl selbst angewandt haben sollte und durch sich selbst ein entsprechende Wirksamkeit nachgewiesen haben sollte. Aber offensichtlich war das nicht ausreichend eine durchschnittliche Lebenserwartung zu erreichen, geschweigedenn eine überdurchschnittliche. Statistisch würde man von einem nicht-signifikanten Effekt sprechen, sprich wer gar nichts von alledem was Wittneben empfohlen (und verkauft) hat, gemacht hat, hat keinen Nachteil, sondern eher (Lebens-)Zeit und Geld gespart. Wittneben ist ein weiterer Fall, so wie der von Horace Fletcher dem Erfinder des “Fletchern” aka extrem gründlichen Kauen, der allerdings keine 10 Jahre nach seiner “Erfindung” schon starb. Scheint auch nicht so viel gebracht zu haben. Er wurde übrigens auch nur 70 Jahre alt. Und so scheint es vielen zu ergehen, die meinen das Rad neu erfunden zu haben, dabei aber die naturwissenschaftliche und hier speziell die evolutiv-biologische Bodenhaftung verlieren oder nie gehabt haben.

This entry was posted in Allgemein. Bookmark the permalink.

Hinterlasse eine Antwort