Der Backfire Effekt

Gerade in der Diskussion in einem Forum gefunden: Der Backfire Effekt.
Wer hier mitliest, den überrascht das nicht wirklich, dass auch hier Emotionen die zentrale Rolle spielen und Verstand und rationales Denken zum Spielball der Angst wird.
Wenn sie erst mal da ist, gewinnt Angst immer über Liebe und Verstand. Sie muss gewinnen, so wie sie für ihre evolutionäre Aufgabe konstruiert ist. Oder wie es Spitzer immer treffend ausdrückt: von den Menschen bzw. Säugetieren, die bei Gefahr sich erst mal zurückgelehnt haben um das Problem auf sich wirken zu lassen, statt die Beine in die Hand zu nehmen, von denen stammen wir nicht ab.

Ich hab eine relativ einfache Regel entwickelt, woran man erkennt ob jemand in einer Diskussion im Angst-Modus ist oder nicht:

Die, die mich verstanden haben wissen was ich meine.
Die, die mich verstehen wollen, fragen interessiert, freundlich und konstruktiv nach.
Und die, die nur meckern, herumkritteln und das Haar in der Suppe suchen, wollen gar nicht verstehen

Ist klar, wo es sich lohnt weiter zu diskutieren und wo nicht.

Es gibt mMn eine einfache biologische Erklärung für die Angst vor der Zerstörung des eigenen Weltbildes. Weltbilder existieren ja nicht einfach so jeder für sich, sondern werden in einem sozialen Kontext, in der Regel dem der eigenen Gruppe, generiert. Das soziale Umfeld in dem man sich bewegt hat in der Regel ähnliche Ansichten und Einstellungen und das stärkt den Zusammenhalt der Gruppe und der ist für das Überleben der Gruppe entscheidend. Menschen sind hochsoziale Säugetiere, die allein nicht überlebensfähig und schon gar nicht zu kulturellen Höchstleistungen fähig sind. Isolierten kleinen Gruppen von Menschen gehen sogar so elementare kulturelle Fähigkeiten wie Feuer machen verloren. Aber das Schlimmste für einen Menschen ist von der eigenen Gruppe ausgestoßen oder isoliert zu werden. Wenn jetzt jemand auf einmal eine ganz andere Meinung als die der Gruppe annimmt, dann besteht die Gefahr, dass die anderen sagen “Wir mögen dich nicht mehr”. Das war früher ein Todesurteil. Und das löst Angst und Stress in uns aus, immer noch auch wenn es heute Sozialstaat und -versicherung und (bedingt) gesicherte Grundversorgung gibt. Das sitzt ganz, ganz tief in uns drin. Aber das ist auch der Schlüssel wie man Meinungen von Menschen im großen Maßstab ändert: indem man die moralischen Regeln verändert und auf den Konformitätsdruck vertraut. Allen, die den alten Regeln folgen wird klar macht: “du stehst mit deiner Meinung alleine! oder zumindest in einer Minderheit”. Volksentscheide sind da ein sehr interessantes Instrument, denn zum einen wird dann konstruktiv und ergebnisorientiert politisch diskutiert statt nur Stammtischgelaber. Und es handelt sich um sehr große soziale Gruppen, die ihre Meinung mehrheitlich bekunden. Danach ist klar, welche Position in der demokratischen Mehr- und welche in der Minderheit ist. Solche Entscheide durch das Volk – faire und demokratische Spielregeln vorausgesetzt – sind praktisch immer sozial akzeptiert, weil wer den Entscheid nicht akzeptiert, der steht als schlechter Verlierer da, der nachkartet, weil er vorher nicht überzeugen konnte. Dem moralischen Vorwurf will sich eigentlich keiner aussetzen. Darauf ist auch die befriedende Wirkung von Volksentscheiden zurückzuführen, egal wie das Ergebnis ausfällt. Aber auch wer keine guten Argumente für seine Position hat, fürchtet Volksentscheide. Denn dann könnte sich herausstellen, dass er keine Mehrheit für seine Position hat und er alleine dasteht. Das macht natürlich auch Angst. Vor allem unsere Politiker haben diese Angst.

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